Banken sind niemals beliebt

Brady Dougan: Der Chef der Credit Suisse sagt, was die Banken tun müssten, um das Vertrauen wiederzufinden.

Interview: Peter Hossli und Roman Seiler; Fotos: Sabine Wunderlin

douganHerr Dougan, ist das gestern veröffentlichte Quartals­ergebnis der Credit Suisse gut genug, um Ihren Job zu retten?
Brady Dougan: Ich richte mich nicht danach aus, wie ich meinen Job retten kann. Das Resultat zeigt: Wir können in einem schwierigen Umfeld gute Gewinne erzielen. Die Eigenkapitalquote von neun Prozent mag auf den ersten Blick bescheiden wirken. Sie ist aber eine der höchsten der Branche.

Nachdem Sie die Kosten um zwei Milliarden Franken gesenkt haben, wollen Sie diese bis Ende 2013 um eine weitere Milliarde senken.
Wie viele Stellen streichen Sie?
Im ersten Halbjahr sparten wir zwei Milliarden ein. Das kostete 2500 Stellen. Bei den zusätz­lichen Massnahmen zur Effizienzsteigerung geht es nicht allein um Stellen. Insgesamt dürfte die Zahl der Jobs Ende 2013 nur unwesentlich tiefer sein.

Können Sie ausschliessen, dass die Credit Suisse in der Schweiz weitere Stellen streicht?
Das kann ich nicht. Wir prüfen jede Division auf ihre Effizienz. Aber: Derzeit haben wir in der Schweiz offene Stellen.

Sie wollen das Eigenkapital der CS um 15,3 Milliarden Franken stärken. Dann hatte die Nationalbank doch recht, als sie sagte, die Kapitaldecke der CS sei zu dünn?
Die CS war vorher schon eine der am besten kapitalisierten und positionierten Banken weltweit. Keine andere Bank konnte ihre Marktanteile im Vermögensverwaltungsgeschäft mehr steigern. Unser Geschäftsmodell kommt an. Wenn die Nationalbank aber die Eigenkapitalstärke kritisiert, ist es sicher klug, darauf zu reagieren.

interview_bild_seiler_hossli_douganVor einem Monat sagten Sie noch das Gegenteil.
Ich war mit dem Bericht der Nationalbank nicht einverstanden, das wollte ich den Leuten erklären. Zumal er uns Probleme bereitet hat. Denn niemand sollte an unserer Stabilität und der Sicherheit zweifeln.

Zwang Sie der Verwaltungsrat, Ihre Meinung zu ändern?
Dass wir so weitreichende Massnahmen innerhalb kürzester Zeit umsetzen konnten, beweist doch das gute Verhältnis zwischen Management und Verwaltungsrat.

Qatar Holding und die Olayan Group haben viel Geld verloren mit Credit-Suisse-Aktien. Wie konnten Sie sie überzeugen, jetzt nochmals weiter zu investieren?
Sie glauben an unser Geschäftsmodell. Es ist ein Vertrauensbeweis, wenn die bestehenden Aktionäre jetzt mitziehen.

Gibt es 2012 eine Dividende?
Das Management beabsichtigt, dem Verwaltungsrat zu empfehlen, der Generalversammlung eine Dividende von 75 Rappen vorzuschlagen – aber ausschliesslich in Form von Aktien.

Ems-Chefin Magdalena Martullo sagte im SonntagsBlick, sie lege kein Geld mehr auf Schweizer Grossbanken. Es sei nicht sicher.
Ich lade sie gerne zu einem Gespräch ein, um ihr zu erklären, dass die Credit Suisse eine der sichersten Banken der Welt ist.

Wieder soll eine Daten-CD einer Schweizer Bank verkauft worden sein. Warum können Schweizer Banken ihre Geheimnisse nicht mehr schützen?
Stehen einmal die Steuerabkommen, macht es keinen Sinn mehr, CDs zu klauen oder zu kaufen. Wir schützen uns technisch – und wir haben eine Kultur, die auf Diskretion setzt. Datenklau ist schlecht für den Schweizer Finanzplatz.

brady_douganWie können Banken das Vertrauen zurückgewinnen?
Wir müssen uns darum bemühen, dass die Steuerzahler nie mehr eine Bank retten müssen. Und wir müssen die Kunden gut bedienen. Der Kontakt mit den Kundenberatern soll stets positiv sein. Banken sind niemals wirklich beliebt, aber die Kunden mögen ihre Banker.

Es war nicht immer so, dass niemand die Banken mochte.
Es gab stets Zeiten, in denen Banken unbeliebt waren. Derzeit ist es bestimmt extremer. Deshalb muss die Finanzbranche offen über Probleme sprechen – und sie lösen. Banken sind wichtig für die globale Wirtschaft. Ohne Banken hätten wir kein Wachstum mehr.

Die Finanzbranche hat wegen den Libor-Manipulationen ein weltweites Imageproblem. Wie ist die Credit Suisse betroffen?
Obwohl die Thematik komplex ist und die branchenweiten Untersuchungen anhalten, gehen wir heute nicht davon aus, dass die Credit Suisse in dieser Sache ein materielles Problem hat.

Warum sind Sie so sicher?
Erstens sind wir nur an drei der vielen Libor-Märkte beteiligt, und daher weniger stark exponiert als andere Banken. Zweitens hat die CS Anstrengungen unternommen zur Beantwortung der Auskunftsbegehren der Aufsichtsbehörden. Auch haben wir mit ihnen unsere Erkenntnisse besprochen.

Wo machen Sie Ferien?
In den letzten Wochen hatte ich leider keine Zeit, an Ferien zu denken.