Abgang der Verlierer

… und Angela Merkel geht auf Brautschau. In Deutschland zeichnet sich nach der Bundestagswahl 2013 eine grosse Koalition ab.

Von Peter Hossli

fdpDeutsche Parteien kennen keine Gnade. Bereits am Tag nach der Bundestagswahl wechseln die beiden grossen Verlierer ihre Spitze aus. Als «bittersten Abend unserer Geschichte» bezeichnete FDP-Chef Philipp Rösler (40) am Sonntag die Wahlschlappe seiner Partei. Die FDP verlor zehn Prozent der Stimmen und ist erstmals seit der Gründung der Bundesrepublik nicht mehr im Bundestag vertreten.

Gestern Montag zog Rösler die Konsequenzen und trat zusammen mit dem gesamten Parteivorstand zurück – darunter Liberale wie der bisherige Aussenminister und Vize­kanzler Guido Westerwelle (51) und Fraktionschef Rainer Brüderle (68).

Rösler macht den Weg frei für einen Neuaufbau. «Die schwierige Situation ist eine Chance für die FDP», sagt er. Künftig soll ein Politologe die Partei führen: Christian Lindner (34) bewirbt sich für das Amt des FDP-Chefs.

Zwar verbleiben die Grünen im Bundestag. Mit 8,4 Prozent der Stimmen verfehlten sie ihr Wahlziel aber klar. Gestern trat der Parteivorstand geschlossen ab. Im November soll ein Parteitag eine neue Spitze bestellen.

Noch harren die beiden Spitzenkandidaten der Grünen aus. Aus gutem Grund: Jürgen Trittin (59) und Katrin Göring-Eckardt (47) können sich Hoffnungen machen, im neuen Kabinett von Kanzlerin Angela Merkel (59) mitzuregieren.

Mit 41,5 Prozent der Stimmen erzielte Merkels Partei ihr bestes Ergebnis seit 19 Jahren. Nur knapp verpasste die Union die absolute Mehrheit im Bundestag. Statt alleine zu herrschen, begibt sich die Kanzlerin jetzt auf Brautschau. «Wir sind offen für Gespräche», so Merkel gestern. Rein rechnerisch kann sie mit allen Parteien eine Regierung bilden. In Frage kommen die SPD oder die Grünen.

Sie hatte «einen ersten Kontakt» mit SPD-Chef Sigmar Gabriel (54), sagte die Kanzlerin. Aber erst am Freitag will die SPD entscheiden, ob sie überhaupt Koalitionsverhandlungen aufnehmen soll. Letztlich ist es richtig, ziert sich die SPD. Konstruktiver Konsens bedingt eine heftige Debatte – im Vorfeld.