“Auch wir haben Offshore-Gesellschaften”

Ems-Chefin Magdalena Martullo nimmt FDP-Bundesrat Johann Schneider-Ammann in Schutz.

Von Peter Hossli (Interview) und Sabine Wunderlin (Fotos)

marrtulloGestern meldete die Ems-Gruppe ihre Jahreszahlen für 2013. Der Umsatz stieg um 7,4 Prozent auf 1,885 Milliarden Franken. Der Nettogewinn nahm um 18,3 Prozent zu – auf 324 Millionen.

Frau Martullo, Bundesrat Johann Schneider-Ammann hatte bei der Ammann Group eine Offshore-Holding eingerichtet, um Steuern zu sparen. Was halten Sie davon?
Magdalena Martullo: Wir sind ebenfalls ein internationaler Konzern. Auch wir haben «Offshore-Gesellschaften».

Warum braucht die Ems solche Gesellschaften?
Wir brauchen sie für die Finanzierung unserer Tochtergesellschaften. Dafür haben wir Spezialisten vor Ort angestellt. Es gibt Länder, die für gewisse Tätigkeiten attraktiver sind als die Schweiz, auch steuerlich. Dann ist es doch normal, dort eine Gesellschaft einzurichten.

Der Schweiz geht aber Steuersubstrat verloren.
Das Geld verdienen wir im Ausland, weshalb sollen wir es in der Schweiz versteuern? Bei der Ems zahlen wir aber schon überproportional – über die Hälfte – viel Steuern in der Schweiz.

Wie erklären Sie sich denn die Angriffe auf das Konstrukt der Ammann-Gruppe?
Es geht wahrscheinlich nicht um Steuern, sondern um Politik. Es ist heuchlerisch zu verlangen, ein Konzern müsse dort hingehen, wo er am meisten Steuern zahlt. Das macht auch keine Privatperson. Gerade die Schweiz profitiert davon.

In der Schweiz ansässige Firmen sollten ihr Geld aber in der Schweiz versteuern!
Wenn sie es hier verdienen. So sind die internationalen Steuerregelungen.

martullo2Die Schweiz ist steuerlich bereits sehr attraktiv …
… und hat in vielen Gebieten attraktivere Konkurrenten, etwa mit Singapur, Hongkong, Luxemburg oder London.

Muss die Schweiz um ihren Standort fürchten?
Wir müssen den Angriffen auf unsere Steuervorteile standhalten. Weder für den Staat noch für Unternehmen sind hohe Steuern gut. Solange der Staat die Grundleistung finanzieren kann, sollten Steuern möglichst tief sein. So zieht man auch erfolgreiche Firmen mit hohen Gewinnen an.

Die EU ist für die Ems ein wichtiger Markt. Was passiert, wenn das Schweizer Volk morgen Sonntag die Bilateralen abschafft?
Wenn wir qualifizierte Leute aus dem Ausland brauchen, müssen wir halt Anträge für sie stellen. Diese werden bestimmt genehmigt. Es würde etwas aufwendiger werden, aber damit könnten wir leben. So viel Personal aus dem Ausland brauchen wir ja gar nicht. Wir beschäftigen überall vorwiegend lokale Leute.

Wie beurteilen Sie die Chance der Masseinwanderungs-Initiative?
Ich gehe davon aus, dass sie beim Volk keine Mehrheit findet. Dies aus Angst vor einer Änderung bei den übrigen bilateralen Verträgen mit der EU.

Dank der bilateralen Verträge haben Sie einen erleichterten Zugang zum EU-Markt. Bei einem Ja fiele der weg.
Vom Marktzugang profitieren wir, und der Markt muss und wird offen bleiben, auch wenn die Initiative durchkommt. Das ist im Interesse der Schweiz wie der EU.

Die Ems profitiert von den Bilateralen. Warum haben Sie sich nicht gegen die Initiative eingesetzt?
Bei Abstimmungen engagiere ich mich kaum. Das macht eher mein Vater als Parlamentarier. Die Initiative kommt ja auch von der SVP. Für die Ems steht das Resultat der Abstimmung nicht im Vordergrund, egal, wie es sein wird.

hossli_martulloSie haben ein glänzendes Ergebnis hingelegt. Was machen Sie besser als andere?
Wir suchen stets bessere Lösungen für die Kunden – und finden so einzigartige Produkte.

Sie führen die Ems jetzt seit zehn Jahren. Gefällt Ihnen der Job noch?
Es ist spannend, täglich Neues zu versuchen. Es fasziniert mich, dabei zu sein, wie die Welt besser wird. Sei es bei den Autos oder den Smartphones.

Sie liefern Polymere für die neuen Smart-Watches. Was ist davon zu halten?
Derzeit entscheidet sich, auf welchem Bildschirm die Menschen telefonieren und kommunizieren. Die smarte Uhr ist ein noch nicht ganz ausgereifter Gag. Mehr verspreche ich mir von smarten Brillen. Künftig könnten Sie vielleicht bei Nebel in Herrliberg eine Brille aufsetzen – und sehen dann den Zürichsee bei schönstem Sonnenschein (lacht).

Es gibt kaum einen Schweizer Konzernchef, der so lange im Amt ist wie Sie. Was hält Sie?
Einen Grund zu wechseln, gibt es nicht. Ich kam jung und unverbraucht an die Spitze. Zudem bin ich finanziell stark beteiligt. Ems ist für uns die beste Firma der Welt. Das soll so bleiben. Daran arbeiten wir jeden Tag.

Sie reden von einer Trendwende zum Besseren. Wo sehen Sie noch Gefahren für die Wirtschaft?
Bei der Politik. Seit der Krise mischt sich die Politik zu stark ein. Nehmen Regulierungen weiter zu, ist das hinderlich.