Mutti ist die Beste

Angela Merkel könnte mit ihrer CDU allein regieren. Aber sie will nicht.

Von Peter Hossli

merkelGrosser Triumph für Angela Merkel: Ihre Partei erzielte bei der gestrigen Wahl zum Deutschen Bundestag das beste Ergebnis seit 19 Jahren. Gemäss letzten ZDF-Hochrechnungen gewinnen CDU/CSU 41,9 Prozent der Stimmen, ein Plus von 8,1 Prozent gegenüber 2009.

CDU und CSU kämen auf 301 Sitze im Bundestag, knapp die Hälfte der 606 Plätze. Holt die Partei drei zusätzliche Sitze, wäre Merkel die erste Kanzlerin seit dem Zweiten Weltkrieg, die ohne Koalitionspartner die Regierung bilden kann. «Das ist ein super Ergebnis», sagte Merkel. Sie versprach: «Wir werden damit verantwortungsvoll und sorgsam umgehen.» Steht heute das Endergebnis fest, entscheidet sie, mit wem sie allenfalls eine Regierung bildet. «Feiern dürfen wir schon heute.»

Ihr scheint eine Koalition mit der SPD lieber als die alleinige Herrschaft: «Deutschland ist kein Land mit Mehrheiten.» Sie strebe «eine stabile Regierung» an. Ein hauchdünner Vorsprung ist nicht stabil.

Von einem «fantastischen Wahlkampf» sprach Merkels Herausforderer, SPD-Spitzenkandidat Peer Steinbrück (66). Seine Partei legt 2,7 Prozent zu und kommt auf 25,7 Prozent. Steinbrück gestand: «Wir haben das Ergebnis nicht erzielt, das wir wollten.» Die SPD peilte eine Mehrheit mit den Grünen an.

Ein regelrechtes Debakel erlebt die FDP, bis anhin die Juniorpartnerin in Merkels Regierung. Die deutschen Liberalen verlieren 9,8 Prozent der Stimmen und kommen noch auf 4,8 Prozent. Sie falllen unter die Fünf-Prozent-Hürde und somit aus dem Bundestag. Erstmals seit 64 Jahren ist die FDP nicht im Bundesparlament vertreten. «Das ist eine schwere Stunde», sagte der liberale Spitzenkandidat Rainer Brüderle (68).

Wie bisher sind die Linken stärker als die Grünen, der Abstand ist allerdings nur klein. Die Linken holten 8,5 Prozent, die Grünen 8,4 Prozent. «Wer hätte 1990 gedacht, dass wir die drittstärkste Kraft Deutschlands werden?», freute sich der Spitzenkandidat der Linken, Gregor Gysi (65).

wahlenRein rechnerisch wäre es sogar möglich, dass die Linken zusammen mit SPD und Grünen die Regierung bildet. Was Steinbrück aber ausschloss. «Die Linkspartei ist für uns nicht koalitionsfähig.»

Beachtlich schlug sich die erst im Februar gegründete Alternative für Deutschland (AfD). Mit 4,8 Prozent der Stimmen verpasst sie nur knapp den Einzug in den Bundestag. Die Partei gehört zur nationalistischen Strömung in Eu­ropa. Sie will den Euro abschaffen und in Europa wieder nationale Währungen einführen.

Merkel regiert seit bald acht Jahren. Sie werde die nächsten vier Jahre sicher im Amt bleiben – und schloss nicht aus,  2017 erneut anzutreten. Damit befindet sie sich auf den Spuren von Konrad Adenauer († 91) und Helmut Kohl (83), den beiden deutschen Bundeskanzlern mit den bisher längsten Amtszeiten.

Und Steinbrück, der vor kurzem ein Mittun in einer grossen Koalition noch ausschloss? Er stiess gestern eine Tür für sich auf: «Ich bin bereit, Verantwortung zu übernehmen. Alles andere wird meine Partei entscheiden.»